DietBB Seminar Series: Selbstkontrolle beim Essen- wie wählt unser Gehirn Essen aus?

29. Mai 2018

Diese Frage beleuchtete Dr. Nynke van der Laan beim DietBB- Seminar am 14. Mai vor rund 50 Zuhörenden.

Van der Laan arbeitet als Assistenzprofessorin am Institut für Persuasive Communication der Universität Amsterdam. Sie erforscht Grundlagen und neue Strategien, wie Konsumenten zu gesünderen Ess-Entscheidungen kommen.

In ihren Untersuchungen misst die Neurowissenschaftlerin die Reaktion des Gehirns auf Bilder von Lebensmitteln und Mahlzeiten. Dazu werden Probanden in einem funktionellen Magnetresonanztomographen (fMRI) Essens-Bilder gezeigt und dabei das sogenannte BOLD-Signal gemessen. Vereinfacht stellt dieses Signal den Sauerstoffgehalt des Blutstroms zu aktivierten Gehirnarealen dar. So kann untersucht werden in welchen Gehirnarealen die Bilder Reaktionen auslösen. „Wenn wir Bilder vom Essen zeigen, werden viele Areale aktiviert, zum Beispiel Bereiche für Emotion, den Geschmack und das Belohnungszentrum.“ Hoch kalorische Speisen werden als lohnender empfunden als solche mit weniger Kalorien. Dementsprechend wird auch das Belohnungszentrum stärker aktiviert.

Interessant ist die Frage, ob es Zusammenhänge zwischen den lebensmittelbezogenen Gehirnaktivitäten und Persönlichkeitsmerkmalen gibt. Um diese Frage zu untersuchen, führte van der Laan eine Metaanalyse durch. “Ausgehend von den in die Analyse eingeschlossenen Studien scheint es, als würden sich nur einige, wenige Bereiche der lebensmittelbezogenen Gehirnaktivitäten mit Persönlichkeitsmerkmalen überschneiden. Allerdings zeigte sich, dass unter den untersuchten persönlichen Faktoren die Impulsivität das wichtigste Charaktermerkmal in Bezug auf die lebensmittelbezogenen Reaktionen des Gehirns ist.“ In einer weiteren Untersuchung fand Sie heraus, dass impulsivere Studien-Teilnehmende signifikant mehr Snacks mit hohem Energiegehalt wählten.

Im zweiten Teil ihres Vortrags ging van der Laan auf die Selbstkontrolle in Bezug auf Essen ein. Erwachsene wägen positive und negative Attribute einer Mahlzeit ab, um dann die Mahlzeit mit dem (für sie) höchsten Wert zu wählen. Für diesen Prozess müssen im präfrontalen Kortex zwei Systeme zusammenspielen: im ventromedialen präfrontalen Kortex wird ein Wertsignal erstellt, das Geschmack und Gesundheit abwägt. Wenn Selbstkontrolle nötig ist, moduliert der dorsolaterale präfrontale Kortex dieses Signal. Bei Jugendlichen ist der präfrontale Kortex noch nicht vollständig ausgereift. Dieser Bereich entwickelt sich als einer der letzten im Gehirn und die Ausreifung dauert bis zum Erwachsenenalter an. Van der Laan zeigte, dass die funktionale Verbindung zwischen ventromedialem präfrontalem Kortex und dorsolateralem präfrontalem Kortex in Kindern schwächer ausgeprägt ist als bei Erwachsenen. Zudem weisen sie eine schlechtere Aktivierung des dorsolateralem präfrontalem Kortex auf, wenn es um Lebensmittelentscheidungen geht. Bei ihnen scheint die Motivation eine größere Rolle zu spielen als die Selbstkontrolle.

Zum Abschluss stellte van der Laan eine von ihrer Arbeitsgruppe neu entwickelte Untersuchungsmethode vor, um Essentscheidungen genauer erforschen zu können. Mit einer fMRI-kompatiblen VR (virtuelle Realität) Brille ist es möglich die Lebensmittelentscheidungen unter simulierten reellen Bedingungen zu testen. Für die Simulation wurde ein virtueller Supermarkt entwickelt, durch den der Proband dank der VR Brille spazieren kann.

Text: Dr. Maike Gutmann, DGE (TA6) 

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