Wie digitale Medien helfen können, das Ernährungsverhalten zu ändern

28. März 2018

„Wenn die Veränderung dem Menschen gefällt, kann er sein Verhalten relativ schnell ändern“ eröffnete Professorin Renner, von der Universität Konstanz, das DietBB Seminar am 19. März 2018.

Als Beispiel für diese These zeigt sie die Entwicklung der Smartphone-Nutzung: Während im Jahr 2011 noch 30 % der Amerikaner ein Smartphone besaßen, waren es 2016 schon 77 %. Die Entwicklung in Deutschland ist ähnlich. In der Konstanzer Life-Studie, einer Kohortenstudie im Raum Konstanz, gaben 85% der Befragten 2016 an, mindestens ein mobiles Gerät zu besitzen. „Das ist eine wirklich beeindruckende Entwicklung. Wie man an diesem Beispiel sieht, kann eine Verhaltensänderung auch auf Populationsebene in relativ kurzer Zeit passieren – vorausgesetzt die Änderung gefällt“, sagt Renner.

Die regelmäßige Nutzung von Smartphones eröffnet auch der Ernährungserhebung neue Wege. Durch Ernährungs-Apps, mit denen die User ihre Essgewohnheiten dokumentieren und nachverfolgen können, ist es möglich, auch Daten über die Umstände, wo und wann das Essen konsumiert wurde, zu erfassen. Durch die technische Ausstattung der Smartphones, wie beispielsweise GPS, könne man so mehr Informationen über das Ernährungsverhalten gewinnen. Denn „Ernährungsverhalten ist mehr als das was und wieviel wir essen“, betont Renner.

In Bevölkerungsstudien werden üblicherweise Verzehrshäufigkeitsfragebögen und 24-Stunden-Protokolle eingesetzt, um die Ernährungsgewohnheiten zu dokumentieren. Allerdings haben diese Methoden auch Limitationen. „Aus meiner Sicht ist das Hauptproblem nicht die Motivation der Personen, alles Gegessene aufzulisten, sondern das Vergessen. Menschen können sich oft nicht an alles erinnern, was sie am Vortag gegessen haben“, sagt Renner. Hier kann die mobile Datenerhebung helfen, indem zum Beispiel ein Foto vom Essen gemacht wird. Zudem müssen auch die Umstände betrachtet werden, wie das Essen zum Mund kommt. Dabei helfen die fünf W’s: Was, Wann, Wo, mit Wem und Wieviel (gegessen wird). Das sei eine ambitionierte Aufgabe, die mit mobiler Technologie bewerkstelligt werden könne, erklärte Renner.

Sie betonte wie wichtig der Zeitpunkt beziehungsweise das Timing des Essens ist und präsentierte Daten von Populationsstudien aus Frankreich und den USA, die zeigen, welchen Einfluss das Timing auf das Ernährungsverhalten haben kann. Während die Menschen in Frankreich relativ synchronisiert an drei Zeitpunkten am Tag essen, essen Menschen in den USA asynchron über den Tag verteilt. Eine wissenschaftliche Hypothese ist, dass dieses synchronisierte Essen der Grund ist, warum in Frankreich weniger Menschen an Adipositas leiden im Vergleich zu Menschen in den USA. Timing scheint also ein beachtenswerter Faktor in der Entstehung von Übergewicht zu sein, der mit mobilen Technologien weiter untersucht werden sollte.

 

Text: Dr. Maike Gutmann, DGE (TA6)

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